Fehler sind (eben doch) professionell


Ich habe letztens gelesen, Fehler seien menschlich, aber nicht professionell. Da bin ich – und sind wir – anderer Meinung! Denn: Fehler ermöglichen Lernen und damit Innovation.

Fehlerkultur, etwas für verantwortungslose Hipster?

Die W&V titelt “Fehler sind menschlich, aber professionell geht anders” über dem Gastbeitrag von Daniela Conrad, die sich über den Fehlerkultur-Hype wundert. Ja, darüber wundern wir uns auch, und mit wir meine ich Geek Space 9. Denn das ist Teil unserer Teamkultur. Fehlerkultur fokussiert zu sehr auf die Vergangenheit, daher sprechen wir viel lieber über eine Erfahrungskultur, die aufs Lernen schaut und damit auf die Zukunft ausgerichtet ist.

Es liest sich so, als ärgere sich Frau Conrad darüber, dass Fehlerkultur dafür stünde, dass junge Hipster großzügig im Unternehmen Fehler aus Nachlässigkeit und/oder Ego-Trip machen dürften. Und als ob ein guter Umgang mit Fehlern bedeutete, Leute nicht in die Verantwortung zu nehmen. Beides eine Fehleinschätzung.

Ganz im Gegenteil.

Lebt und fördert man eine Erfahrungskultur, dann gibt man Menschen gerade diese Verantwortung und hilft ihnen, daran zu wachsen. Ein guter Umgang mit Fehlern fördert Verantwortungsbewusstsein: Geht etwas schief sucht man nicht nach einem oder einer Schuldigen, um dort die Verantwortung abzuladen, denn solch eine Schuldkultur führt nicht zu den besten Leistungen, die Menschen bringen können. Sondern ein positiver Umgang: Man nimmt die Fehler ernst und auch die Dinge, die diese verursacht haben und findet gemeinsam Lösungen dafür (statt etwas unter den Teppich zu kehren).

Fehler vermeiden = Wachstum verhindern

Keine Fehler machen zu wollen, führt zum genauen Gegenteil: Fingerpointing, Schuldzuweisungen, Vertuschen von Fehlern, Intransparenz. Und dazu, dass Leute keinen Beitrag leisten, sondern sich nur schadlos halten wollen, um nicht aufzufallen. So entsteht keine Innovation, so entsteht gar nichts, womit sich ein Projekt, ein Produkt, ein Unternehmen oder ein:e Mitarbeiter:in weiterentwickeln kann.

Und an dieser Stelle ein Zitat aus unserem Meetup “Fehlerkultur gescheitert: Und jetzt?” zur Erfahrungskultur. Darin haben wir uns in gemütlicher (virtueller) Lagerfeuer-Runde dazu ausgetauscht, wie der Blick aufs Lernen positiv unterstützt werden kann.

Text: Keine Fehler machen, d.h. alles tun, um unsichtbar zu bleiben. Aus dem GS9 Meetup “Fehlerkultur gescheitert: Und jetzt?”. Hintergrund: Apfelplantage

Exkurs: Leadership und New Work – mit Vorsicht zu genießen

Die Gastautorin des W&V-Artikels schreibt davon, dass Führungskräfte mehr Verantwortung übernehmen müssten, wenn sie erwarteten, dass Mitarbeiter:innen eben dies auch tun (Verantwortung für Fehler übernehmen). Echte Leadership (im Vergleich zu Führungsposition qua Visitenkarte) ist in meinen Augen noch viel mehr: Leadership ist ein wichtiger Punkt der New Work, auf die hier auch eingegangen wird. Doch auch dabei ist es wichtig, das Konzept nicht als (mal mehr, mal weniger) leere Worthülse zu verwenden. Denn: Ja, (New Work oberflächlich betrachtet) offene Bürokonzepte, flexible Zeitmodelle etc. sind wichtig, bergen aber auch Gefahren. Von wegen Work-Life-Balance …

Flexible Zeit bedeutet in vielen Unternehmen leider nur eines: Dass der Stift nicht um “five” fallen gelassen wird, sondern dass erwartet wird, dass jede:r so lange weiter macht, bis … ja, bis was eigentlich? Wenn ich an mich selbst denke, richtig “fertig” ist meine Arbeit nie, denn ich mache ja keine abschließbaren Dinge (Sache produziert, fertig). Und das kennen bestimmt viele so.

Um ein positives Gegenbeispiel zu nennen: Bei uns nehmen sich auch die Chefs einen Ausgleich, wenn sie am Wochenende oder abends werkeln – Server auf denen auch Kundendinge laufen, können nun mal nicht bis Montag warten. Und das sagen sie auch so. Und dann arbeiten sie nicht doch etwas “nebenbei”, und sind regulär auch nicht erreichbar. Leader gehen mit gutem Beispiel voran, um hier mal die Phrasenkeule zu schwingen.

Zurück zum Thema: Dank Fehler erfolgreich

Also lieber Erfahrungskultur statt Fehlerkultur. Und genau darauf geht auch dieser W&V-Artikel, anders als der Titel vermuten lässt, ein. Das Englische “failure culture” unterstütze eine steile Lernkurve. Ob steil oder nicht, genau dieses Lernen ist essentiell für Innovation.

Um aus unserer Podcast-Folge “Innovationspotential Mensch” Marco S* zu zitieren: “Deswegen auch: Fehlerkultur, denn sie fokussiert auf die Angst und den Fall, der nicht eintreten soll. Wir wollen ja was erreichen [nicht etwas vermeiden]. Auch in der Zusammenarbeit mit uns gilt: Der eigentliche Wert ist das Überwinden der Hürden.” [Hier nachhören oder auffrischen: https://podcast10f784.podigee.io/96-innovation_mensch] (*wer uns kennt, weiß: es gibt bei uns zwei Marcos, daher mit Initiale des Nachnamens)

Deswegen handhaben wir das so: In vielen kleinen Schritten – in Iterationen – zum Erfolg, denn heutige Softwareentwicklung bedeutet große und komplexe Projekte. Und dabei sind Chancen auch immer Risiken, doch ein Risikomanagement ist möglich und wichtig. Unser Rezept dafür: Risiken minimieren. Kund:innen von Anfang an ins Boot holen. Minimal Viable Product erstellen. Nach jeder Iteration das gemeinsame Tun in Frage stellen: “Löst unser Produkt das zu lösende Kernproblem – oder nicht?” Genau dieses “nicht” ermöglicht die Erfahrung und das Lernen hin zum erfolgreichen Produkt, und gemeinsam Erfolgsstorys zu schreiben.

Du willst mehr zur Erfahrungskultur lesen?

In Zukunft werden wir mehr zum Thema Lernen hier im Blog veröffentlichen. Das kannst Du schon jetzt finden: