So ein Arbeitstag ist eigentlich immer dann besonders gut, wenn ich keine Abwehrkämpfe führen muss.
Gibt es Leute, denen das gefällt? Dann bitte: schwelgt in täglichem Abwehrkampf und blockiert euch gegenseitig.
Ich empfinde Abwehrkämpfe als mühsam und unnötig.
Es gibt diese Tage, an denen ich ins Büro komme, von allen begrüßt werde, alle viele Dinge erledigen, aber ich nie eine innerliche Rüstung anziehen muss und einen Abwehrkampf führen.
Im Prinzip meine ich damit einen Arbeitstag mit Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
// Rüstung abgelegt, Waffen in die Waffenkammer.
Schwert, Helm, Polsterhandschuhe. Image by ArtCoreStudios from PixabayEs gibt aber auch Tage da:
- Ruft ein:e verärgerte:r externe:r PO an und versucht den Preis des letzten Sprints zu drücken. Weil die Geschäftsführung zwar den Funktionsumfang haben, aber nicht komplett bezahlen möchte. // En garde, Rüstung angelegt: Eine Preisverhandlung aus heiterem Himmel beginnt.
- Oder ein:e wütende:r Kolleg:in hat vergessen, dass sein:e Team-Kolleg:in eigentlich immer sein/ihr Bestes gibt. Aber heute ist er/sie in ein schädliches altes Muster gefallen. Und statt das zu sehen und zu überlegen, wie wir gemeinsam die blöde Situation geschickt meistern, den/die Kolleg:in anklagt, verletzend wird und selber verletzt ist und wütend. // Sozusagen ein Kampf in den eigenen Reihen.
Bei beidem muss ich mir manchmal als Scrum Masterin kurz eine Rüstung anlegen: Der geäußerten Wut und den geäußerten Bedürfnissen zuhören, aber mich nicht davon angreifen lassen.
Gerüstete Frau, Stahl-Arme, Schultern, Brustplatten, eine Lanze in der rechten, behandschuhten Hand. Image by bstad from PixabayGleichzeitig bemühe ich mich, unter der Rüstung offen genug zu bleiben, um die Situation verstehen zu können. Zu begreifen, was den Unmut ausgelöst hat. Um dann die Rüstung schnell wieder ablegen zu können und lösungsorientiert dem Problem begegnen zu können.
Wann brauche ich die Rüstung nicht?
Also: wann ist es ein guter Tag?
Wenn das oben beschriebene passiert, aber: mir niemand Waffen in die Hand drückt und ich meine Rüstung anlegen soll. Niemand sein Problem bei den Anderen ablädt mit dem Verlangen dass die Anderen es für ihn/sie lösen sollen. Wenn es nicht um “Recht haben” geht oder darum, den Druck von oben nach unten weiterzugeben, sondern um Lösungen im Alltag.
Also:
- ein:e verärgerte:r PO beschreibt den anderen Teammitgliedern die Zwangslage und lässt dann – statt anzugreifen – Raum, um zusammen zu überlegen, wie wir der Situation gemeinsam und sinnvoll begegnen können. Wo wir helfen können. Und womit sie sich selbst helfen können.
- ein:e wütende:r Kolleg:in tut zwar Wut kund, aber verletzt dabei niemanden. Versucht, das Problem lösungsorientiert anzugehen, brauchte aber kurz das Ventil, zu sagen, dass er/sie verärgert ist. Und zeigt gleichzeitig, nicht vergessen zu haben, dass alle ihr Bestes geben. Und erinnert sich schnell daran, dass wir alle Menschen sind und Fehler machen und dass die Kunst darin liegt, trotzdem gut zusammenzuarbeiten.
Ein guter Arbeitstag ist jener, an dem alle Beteiligten die täglichen Stolpersteine auf unserem Weg anpacken und die ganze Energie in Lösungen stecken…statt Energie zu verschwenden z.B. durch Schuldzuweisung oder Fingerpointing.
Es ist nämlich keinesfalls so, dass, sobald man einen Sündenbock hat, damit auch alle Probleme verschwinden würden.
Ganz im Gegenteil: Oft verhindert das Anlegen der Rüstung, die besten Lösungen.
Verblüffend, aber wahr:
Es ist ein guter Arbeitstag, wenn alles schief geht, was schief gehen kann, aber wir an einem Strang ziehen.
Wenn niemand absichtlich eine Rüstung anlegt, oder das Gefühl hat er/sie müsste das tun.
Was macht für euch einen guten Arbeitstag aus?
Erzählt’s uns via E-Mail, in unserem IRC-channel, auf twitter @geekspace9
, oder direkt mir, Cornelia, via LinkedIn.
// Kommentar:
// Der Artikel ist schon etwas älter, wurde aber nie veröffentlicht.
// Beim Lesen ist uns aufgefallen, dass sich unsere Scrum-Teams verändert … ja, verbessert haben. Wir sehen das Auftauchen von Leuten in glänzender Rüstung inzwischen als Warnzeichen, dass etwas nicht stimmt in der Zusammenarbeit. Sowohl Team als auch Kund:innen brauchen ihre Rüstungen immer weniger und am liebsten stehen sie rostig und ungenutzt in der Ecke.