Agile Parenting? Familie als Vorteil fürs Unternehmen!


Mitarbeiter:in will sich in Voll- oder Teilzeit um den Nachwuchs kümmern? Oh je! Wegfall einer Arbeitskraft! Ersatz muss her! Nicht ersetzbar! Fokus nicht mehr auf Geschäftlichem! …

Nein! Auch wenn das erstmal weh tut und Aufwand bedeutet. Wenn ein Kind geboren wird, bedeutet das vor allem eine persönliche Entwicklung. Das kann nur positiv sein fürs Unternehmen – so Marco S., einer der beiden Gründer von Geek Space 9.

Neuer Job während der Elternzeit?

Tatsächlich kam ich so überhaupt erst ins Geek Space 9 Team. Und das ist ja keine Selbstverständlichkeit.

Wir kennen uns schon seit 2013 aus diversen Event-Projekten. Erst das Feierabend-Projekt Hackerbrücke Meet & Make, ich in meinem damaligen Job, dann haben wir den JS Kongress(Facebook-Link) gemeinsam gefeiert. Und dann kam Corona und die Pandemie-Lage. Anfang 2020 war dann auf einmal klar: “Wohl doch kein Event dieses Jahr”. Mitten in meiner Elternzeit stand ich nun da: “Was jetzt?” Die beiden Marcos [Marco Engelhard und Marco Stipek, Gründer von Geek Space 9; Anm.d.Red.] haben mir unumwunden angeboten: Wir würden dich übernehmen ins Team von Geek Space 9. Seitdem bin ich da, und bereue den Schritt keine Sekunde, denn hier kann man sich auch persönlich entwickeln. Zeugnisse und Zertifikate oder sowas, das hat keine Rolle gespielt dabei – aber das ist ein anderes Thema.

Aus unserer Podcast-Folge “Innovation Mensch”

_Oft erlebt im Bekanntenkreis: bei Männern und Frauen, Schwangerschaft, Elternzeit – was macht das mit einem Arbeitgeber? Da kann jemand “aus dem System rausfallen”. Wie Geek Space 9 damit umgeht, das spiegelt eure Haltung wieder – sagt Podcast Host Johannes Ceh.

Marco S, Co-Founder Geek Space 9: Wenn sich Menschen, die für uns arbeiten, entwickeln (und dazu gehören neben anderen Dingen auch Schwangerschaft und Familiengründung), dann ist das für uns nur von Vorteil. Das ist in der Situation vielleicht erstmal schmerzhaft, dass jemand ausfällt und wir dafür eine Lösung finden müssen. Im Bereich der komplexen Dinge (solche Projekte bearbeiten wir) müssen sich Menschen als Person einbringen. Und desto mehr die Person sich auch im Privaten entwickelt und zufrieden ist, desto besser ist das Ergebnis auch für uns gemeinsam als Team am Ende des Tages. Wenn bspw. das Kind krank ist, und sie [Kerstin; Anm.d.Red.] keine Betreuung hat, ist sie halt nicht da. Was hab ich davon, wenn Mitarbeiter:innen hier sitzen würden und wissen, das Kind ist nicht gescheit versorgt? Und ist mit dem Kopf den ganzen Tag beim Kind? Wie soll Kreativität und Produktivität funktionieren, wenn die grundsätzlichen Dinge des Lebens grade nicht passen?

Ganze Podcast-Folge zur menschgemachten Innovation hier nachhören

Elternschaft, ein Vorteil für Unternehmen?

Und glaubt mir, mit einem Kind zuhause lernt man sich sehr gut zu organisieren. Zwar leistet man vielleicht nicht mehr soviel Wochenarbeitszeit wie vor der Elternschaft, jedoch wird diese Zeit mit vollem Fokus sein, wenn Arbeitgeber:innen die Möglichkeit geben, eine Kindern und Eltern gerechte Betreuung sicher zu stellen.

Unsere Eingewöhnung in der Kita hat (dank Unterbrechnung durch den Lockdown über Weihnachten und Neujahr) insgesamt bestimmt 10 Wochen gedauert. In der Zeit habe ich meine verkürzte Arbeitszeit nochmal durch einige Tage Urlaub minimiert, aber nicht genullt. Und da wurde ich von Geek Space 9 in jeder Hinsicht unterstützt, dass das auch möglich ist.

Arbeitgeber:innen dieser Welt, unterstützt werdende Eltern! Sowohl die in Mutterschutz gehen als auch die Partner:innen. Ihr könnt dadurch nur gewinnen!

Auch euer Team besteht aus Menschen

Grade am Anfang meiner Zeit bei Geek Space 9 – ich freue mich gerade, dass ich inzwischen ein Jahr dabei bin; die Zeit verging einerseits so schnell und andererseits kann ich es mir nicht mehr anders vorstellen – ist es mir immer wieder wie Schuppen von den Augen gefallen, da ich einige Methoden, Prinzipien, Ansätze schon aus diversen Büchern rund um die Kindheit kannte und mir noch viel mehr eingefallen sind, die sich übertragen lassen.

Agile Parenting und agile Softwareentwicklung

Im Prinzip “einfach” eine Übertragung der agilen Prinzipien aus der Arbeitswelt ins Private, ins Familienleben. Gebt das mal bei einer Suchmaschine eurer Wahl ein, da gibt es viele Erklärungen, Artikel, sogar einen eigenen Blog dazu.
Verlinken möchte ich hier nicht den TED-Talk von Bruce Feiler “Agile programming – for your family”. Was mir daran nicht gefällt, ist, dass schon die Beschreibung besagt “Kinder wählen ihre eigenen Strafen”. Von “Strafen” im Umgang miteinander halte ich nicht viel … nein, nichts. Dagegen vollumfänglich empfehlen kann ich das Agile Parenting Manifesto von Geof Lory, das wie das originale Agile Manifest Wertpaare gegenüber stellt und welche zu bevorzugen empfiehlt. Agile Parenting bedeutet für viele Autor:innen im Web, auch die regelmäßigen Meetings etwa als Familienrat abzuhalten. Da unser Zwerg noch sehr klein ist, haben wir das noch nicht ausprobiert bzw. auch noch nicht damit befasst.

Das agile Manifest und die Prinzipien auf beide Bereiche auszudehnen, Privat und Beruf, bringt in meinen Augen den Vorteil, dass sich somit daraus eine innere Haltung entwickeln kann statt nur eine Arbeitsmethode. Geek Space 9 ist zu 100 % agil, aus vollem Herzen, ohne Kompromisse – und so setzen wir Scrum im Alltag um.

Leadership als Eltern oder “let the child lead”

Zwei Aspekte, die sich nicht widersprechen. Leadership als Prinzip habe ich hier bei Geek Space 9 kennengelernt: Es geht nicht darum, in Führungsposition eine:n auf “Big Boss” zu machen, seine Mitarbeiter:innen zu befehligen und über sie zu herrschen. Vielmehr ist es ein positives An-Einem-Strang-Ziehen, das Teams und Unternehmen voranbringt. Unter anderem geht es da um Führen durch Vorbild. Mehr zu Leadership in diesem Forbes-Artikel.

Auch das ist ein Prinzip, das viele Eltern schon mitbringen oder sich im Laufe der Elternschaft aneignen: Von Maria Montessoris “Hilf mir, es selbst zu tun”, bis hin zur Erkenntnis, dass Buchwissen nicht 1:1 angewendet werden kann, sondern jede:r den eigenen Weg finden muss (ob aus Erziehungsratgebern – oder auch Anti-Erziehungs-Ratgebern – oder (Anti-)Management-Büchern). Und als Leader sollen sich nicht nur Personen mit C-Titel auf der Visitenkarte angesprochen fühlen, sondern … ja, eigentlich: alle. Denn jeder kann mal dem Gegenüber ein:e gut:e Sherpa sein, sei es mit mehr Erfahrung in einer Technologie, weil Du länger im Projekt dabei bist, wenn neue Kolleg:innen ins Team kommen. Ganz egal was, auch hier: Leadership ist ein mindset – uh, buzzword.

Gewaltfreie Kommunikation

Last but not least möchte ich die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg als Beispiel zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie anführen. Ganz grob geht es darum, mit #FokusMensch die Botschaft hinter den Worten sowohl zu kommunizieren als auch zu verstehen, das Gegenüber zu “sehen”, als Mensch zu sehen, nicht in einer Kommunikation “gewinnen” zu wollen und damit das Gegenüber zum Verlierer zu machen. Die Giraffensprache (gewaltfreie Kommunikation, so oft für Kinder genannt) sucht nicht nach dem/der Schuldigen, sondern nach einer gemeinsamen Lösung. Spätestens in der Autonomiephase, wenn Kinder ihre eigene Persönlichkeit entdecken und entwickeln, merken Eltern, dass ein starkes Ziehen am einen Ende des Taus (“ich habe recht, weil ich bin der Erwachsene, ich bestimme,…”) zu noch mehr Gegen-Zug führt, und es friedlich und zusammen statt gegeneinander viel entspannter geht und die Eltern-Kind-Beziehung nicht darunter leidet.

Disclaimer: Meine Sicht auf Kinder in Fremdbetreuung

Denn das ist bei uns in Bayern ja noch gar nicht sooo üblich (oder so lange üblich). Unsere Elterngeneration hatte nicht die Möglichkeiten, und es war eher die Regel, dass die Mutter länger daheim bleibt. In den neuen Bundesländern jedoch wird das schon viel länger anders gehandhabt. Da erinnere ich mich nur, dass meine Tante von ihrer Schwiegermutter alsbald gefragt wurde, ob sie nicht langsam mal wieder arbeiten wolle.

Aus Elternsicht finde ich es nur positiv, wenn ein Kind sieht, dass die Bezugspersonen immer sicherstellen, dass Bedürfnisse erfüllt werden, eine vertrauensvolle und bedürfnisorientierte Betreuung gewährleistet wird, und dass dazu auch Erwerbsarbeit notwendig ist. Denn Miete, Wasser, Strom, Lebensmittel, Kleidung und auch angenehme, jedoch weniger notwendige Dinge wollen bezahlt werden.

Ermöglichen wir einer Generation, mit der echten Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufzuwachsen! Beides verdient Wertschätzung.

Und jetzt seid ihr dran:

Habt ihr auch Kinder?

  • Wie habt ihr das mit Care-Arbeit und Brot-Arbeit gelöst?
  • Habt ihr euch als Mitarbeitende verändert, seit ihr Eltern seid?

Oder habt ihr Kolleg:innen, die grade in Elternzeit sind, oder bald gehen?

  • Wie erlebt ihr das, könnt ihr hier unterstützen?
  • Oder wünscht ihr euch mehr Unterstützung von Vorgesetzten?

Liebe Vorgesetzte

  • Wie handhabt ihr das, wie wird in euren Unternehmen mit einer Veränderung der Arbeitssituation aufgrund privater Umstände umgegangen?

Hier geht es ja nicht nur um Kinder, auch Krankheit oder Pflege in der Familie sind Themen, die immer wieder Veränderungen am Arbeitsplatz bedeuten.

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Mehrere Kürbisse, große und kleine, liegen auf einem Feld zwischen Kürbisblättern und -ranken. Logo: eine rote Neun, das Geek Space 9 Icon, auf Regenbogengrund