Dark Patterns – manipulatives Design im Web

Entscheidungsfreiheit Ade. Nahezu jeder, der das Internet nutzt, hatte schon mit ihnen zu tun, meist eher unbewusst: mit sogenannten Dark Patterns. Darunter fallen alle Instrumente auf Nutzeroberflächen, die den User zu einer bestimmten, oft ungewollten Handlung bringen. Den Nutzen davon hat meist das dahinterstehende Unternehmen. So werden zum Beispiel Zusatzkäufe forciert, die Installation von Software eingefordert oder schlicht Daten gesammelt.

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1Zuletzt hat Microsoft mit einem unübersehbaren Dark Pattern Aufmerksamkeit erregt: Usern, die kein Windows10 installiert hatten, wurde mehr oder weniger regelmäßig der Hinweis zugespielt, dass ein Update auf Windows10 kostenlos zur Verfügung stehe. Zur Wahl standen die Optionen Jetzt updaten oder Später updaten. Die Option Nein, danke suchte man vergebens. Nur über das altbekannte rote Kreuz in der oberen rechten Ecke konnte die Nachricht geschlossen werden – und das nur bis Mai 2016. Ab diesem Zeitpunkt führte auch der Klick auf das rote Kreuz dazu, dass man unfreiwillig der Installation von Windows10 zustimmte. Der Kunde wurde also ganz bewusst durch eine schlecht kommunizierende User Interface zu einer Handlung gedrängt, die er unter Umständen überhaupt nicht vornehmen wollte: Bait and Switch heißt diese Form der Manipulation.

Im Gegensatz zur Suchmaschienenoptimierung, kurz SEO, (bei der man nach blackhat-SEO und whitehat-SEO unterscheiden kann), kann man jedoch keinen Parser über eine UI laufen lassen. Es gibt also kein Tool um zu erkennen, ob oder wo ein Dark Pattern genutzt wird, somit ist auch kein automatisierter Schutz gegen solchen “Betrug” möglich.

Image ]2Einen weiteren Klassiker der Dark Patterns kennt, wer schon einmal auf der Seite von Softpedia war. Die Rede ist von den sogenannten Disguised Ads, also maskierter Werbung. Es handelt sich dabei um Werbung, die aussieht als gehöre sie zur Webseite oder zur Navigationsführung. Tatsächlich geht es bei dieser Form nicht klar gekennzeichneter Anzeigen schlicht darum, möglichst hohe Klickzahlen für meist kostenpflichtigen Services oder Dienstleistungen zu erreichen.

“Was juckt mich das? Ich kenne das ja und kann es umgehen?”

Wo liegt also der Kern des Problems? Dark Patterns führen einerseits ganz klar zu einer potentiellen Störung der Kundenbeziehung. Durch Social Proof, also die Vorbildfunktion von größeren Marken, kommt es andererseits zu einer massiven Ausbreitung dieser Methode der Irreführung. Social Proof ist ein psychologischer Mechanismus, den der Psychologe und Marketingexperte Robert Cialdini folgendermaßen beschreibt:

Wir betrachten ein Verhalten in einer gegebenen Situation in dem Maß als richtig, in dem wir dieses Verhalten bei anderen beobachten. Ob es darum geht, was mit einer leeren Popcornschachtel im Kino zu tun ist, wie schnell man auf einem bestimmten Straßenabschnitt fahren darf oder auf welche Weise man bei einem Abendessen mit Freunden das Hühnchen essen soll, stets ist uns bei der Beantwortung dieser Fragen das Verhalten anderer eine wichtige Orientierungshilfe.

Das heißt, die einzige Waffe gegen solche Praktiken ist Wissen. Nicht ohne Grund versuchen wir unsere Eltern, Großeltern oder generell nicht so computeraffine Menschen vor genau solchen Fallen zu warnen. Darkpatterns.org bietet eine seit Jahren wachsende Datenbank an, die alle Varianten von Dark Patterns katalogisiert und ein Meldeformular für neue Betrugsfälle beinhaltet: Neben den genannten Formen werden dort beispielsweise in der Rubrik Forced Continuity Fälle gesammelt, in denen ein “kostenloser” Probezugang zu einer Webseite ohne Warnung in ein kostenpflichtiges Abo übergeht. Unter der Überschrift Misdirection finden sich unter anderem Webseiten, die im Preisvergleich eine falsche Option als die “günstigste” markieren. Trick Questions versammelt Fälle, in denen Klick-Fragen so kompliziert formuliert sind, dass man beispielsweise dem Versand von Werbung zustimmt, im Glauben, man hätte ihn abgelehnt. Diese Beispiele einer ganz besonderen Form von “bad design” werden weiter Schule machen, Social Proof macht‘s möglich. Bleibt also wachsam – und redet drüber;)